Basel SBB PB 1927

Plan Basel SBB Personenbahnhof (PB) und Güterbahnhof (GB) Stand 18. November 1927 SBB Sammlung Thomas Ryf

 

Unter "Zeichenerklärung" ist angegeben, von wo aus die Weichen bedient werden. Die meisten sind Handweichen. Zusätzlich ist eine Skizze mit den an der Peter Merian Strassenbrücke angebrachten Ausfahrsignale enthalten.

 

Die Strecken aus dem PB und GB Richtung Osten führen beide nach "Birsbrücke". Das ist eine ehemalige Dienststation zwischen Basel und Muttenz.

 

Wegen der besseren Lesbarkeit verwende ich arabische statt römischen Ziffern (B14 statt BXIV)

 

Gleisplan

  • Die Perrongleise haben alle ungerade Nummern (B1 - B13). Gleise B 4, B6 und B8 sind kurze Stumpengleise ausserhalb der Halle. Gleise B11 und B13 reichen bis in den Vorbahnhof. Zusätzlich gibt es dort auch ein Gleis B12
  • Die Kopfgleise auf der B und A Seite haben gleichen Nummern (je 31, 33 und 35)
  • Gleis B14 hat keinen Perron
  • Auf der Skizze der Signalbrücke ist ein Perron 6 eingetragen, den es noch nicht gibt
  • Im Süden verläuft die Güterlinie Frankreich / Basel St. Johann - Basel GB, welche den Personenbahnhof umfährt. Es kann von dort nur Richtung GB gefahren werden, die anderen Strecken können mangels Weichenverbidungen nicht erreicht werden
  • Auf der Strecke von Basel St. Johann herrscht der im Elsass übliche Rechtsbetrieb, auf den Doppelspuren Richtung Münchenstein und Birsbrücke wird links gefahren

Ursprünglich verkehrten alle Güterzüge von Deutschland und umgekehrt über Basel Personenbahnhof und von dort weiter nach dem GB. Dazu mussten sie im PB eine Spitzkehre vollziehen. Es ist denkbar, dass dafür in erster Linie das perronlose Gleis B14 benutzt wurde.

Seit der Eröffnung der Verbindung Gellert - Basel SBB RB am 19. April 1927 kann direkt in den RB und weiter Richtung Schweiz gefahren werden. Somit wurde Basel PB von diesen Fahrten entlastet.

 

Es sind drei Lokremisen vorhanden: Eine im GB (Gleisgruppe K), eine im PB Ostseite (Depot Nauenstrasse, Gleisgruppe N) und eine auf der Westseite (Gleisgruppe S).

 

 

Stellwerke, Posten

Auf dem Plan sind 4 Stellwerke eingezeichnet, nummeriert von I bis IV aufsteigend von West nach Ost. Dabei wird nicht nach PB und GB getrennt. Daneben finden sich eine beeindruckende Anzahl von (Handweichen)-Posten. Ich habe Stellwerke und Posten auf nachfolgender Kopie hervorgehoben und hoffe, ich habe alle erwischt. Die Suche hat mich irgendwie an diese Wimmelbücher erinnert, als die Kinder noch klein waren...

Wenn ich richtig gezählt habe, gibt es neben den 4 Stellwerken 28 Posten.

 

 

Stellwerkanlage Ostseite

 

In der Dienstvorschrift 57a vom 18.11.1928, aus der der obige Plan stammt, ist eine Beschreibung der "Provisorischen Stellwerkanlage auf der Ostseite des Personenbahnhofs Basel S.B.B." enthalten:

 

In die Sicherungsanlage Ost sind 4 Stellwerke einbezogen:

  • Befehlwerk B im AG
  • Stellwerk II
  • Rangierstellwerk Posten 14
  • Posten 22 Ablaufberg

In einigen Dokumenten finden sich die Bezeichnungen Signalzimmer B (für das Befehlwerk) und Stellwerk II (Bruderholz). Auf der Westseite lautet es entsprechend Signalzimmer A und Stellwerk I (Birsig).

 

Insgesamt lassen sich 17 Fahrstrassen einstellen:

 

Einfahrten

 u / t   

u`/ t`

p

p`    

 

m  

k     

l     

 

Ausfahrten

e / g   

e`/ g`  

i     

h  

f      

 

d             

 

 

von BAD / Birs  

von BAD / Birs  

von Münchenstein

von  Münchenstein

 

von GB  E10     

von GB D1-D9     

von GB    

 

 

nach BAD / Birs    

nach BAD / Birs    

nach Münchenstein   

nach GB E10 + F2-10   

nach GB F2-F10   

 

von St. Johann             

 

 

 nach B31-B35 und B1-B3

nach B5-B14

nach B11

nach B13+B14

 

nach B11-14

nach B1-B14

nach St. Johann via B10

 

 

von B31-B35 und B1-B3

von B5-B14

von B11-B14

von B11-B14

von B1-B9

 

nach GB via B12         

 


 

Am Befehlwerk können demzufolge 17 Fahrstrassen eingestellt werden

 

Stellwerk II umfasst 17 Signalhebel und 15 Fahrstrassenhebel (Fahrstrassen l und d haben nur einen Signalhebel). Die Signalhebel stehen unter Blockverschluss des Befehlwerk und können nur  nach Freigabe eingestellt werden.

Signale E, G und J sind blockabhängig (Streckenblock nach Gellert / Birsbrücke / Münchenstein). Die Apparaturen befinden sich in Stellwerk II.

 

Auf dem Plan sind die Weichen gekennzeichnet, welche von Stellwerk II oder Posten 14 und 22 bedient werden. Alle andern Weichen sind örtlich bediente Handweichen. Einige Weichen werden von Stw II oder Posten 22 verriegelt. Auf dem Plan sind sie mit dem Buchstaben V gekennzeichnet.

 

Es gibt ein paar wenige Abhängigkeiten, z.B. zwischen Stellwerk II und Posten 22 für Fahrten von/nach Gleis E10 (Signale M und H).

 

Eine weitere Abhängigkeit besteht für Fahrten vom GB (Signal L) nach der Güterlinie Richtung St.Johann (Signal B): Signal L kann erst wieder auf Fahrt gestellt werden, wenn der Schienenkontakt B auf der Westseite (ca. 600m nach dem Signal auf der Höhe von Stw I) befahren wurde.

Eine gleiche Abhängigkeit besteht auch in der anderen Richtung mit Signal A 1/2 Westseite und Signal D. Der Kontakt befindet sich ca. 600m östlich von Signal D bei Weiche 213 / Signal Z1.

Diese Einrichtungen wurden 1930 durch einen Streckenblock ersetzt.

 

Posten 11 und 17 sind Meldeposten (Bezeichnung MP 11 bzw. MP 17 im Gleisplan). Was die genauen Aufgaben sind, ist in der Instruktion nicht beschrieben

 

Posten 13 ist gemäss DV ein Souschefposten. Dort war nebst dem Weichenwärter auch ein Souschef (damalige Bezeichnung) stationiert. Er musste dafür sorgen, dass die Prioritäten richtig gesetzt wurden. In der Regel wird das ungehinderte und sichere Ein- und Ausfahrten von Zügen bedeutet haben. Die Aufsicht hatte ebenfalls nochmals das Einfahrgleis auf Freisein zu prüfen. Eigentlich die Aufgabe des Perron Souschef, aber der hatte meist mehr als einen Perron zu betreuen

 

 

Zudem gibt es ein Souschefbüro Münchensteinerbrücke. Es dürfte sich dabei um das im Plan mit "DG" (Dienstgebäude) angeschriebene Geäude zwischen Münchensteinerbrücke und Posten 23 handeln

 

Zur Verständigung der Abfertigungsbeamten auf den Perrons gibt es eine Apparatur mit Fernzeiger und Klappen. Angeschlossen sind das Befehlwerk B, die Einnehmerei und das Gepäckbureau

 

Die Bodenwärter haben bei einer bevorstehenden Ein – oder Ausfahrt die Handweichen in ihrem Bereich richtig zu stellen und die Manöver rechtzeitig einzustellen. Als Information dienen die Glockensignale der Streckenläutewerke.

 

 

Foto aus den Tiefen des Internet, weitere Angaben fehlen. Ein Aufnahmedatum ist ebenfalls nicht vermerkt, aber es dürfte ungefähr aus der Zeit des Plans, also 1927 stammen. In der Mitte ist ein ausfahrender Schnellzug zu erkennen. Beim Loktyp tippe ich auf eine Ae 3/6 II. Ich vermute, dass der Zug aus Gleis 5 ausfährt. Das geöffnete Signal an der Brücke ist oberhalb der Kühlerhaube des vorbeifahrenden (und einzigen...) Autos knapp zu erkennen. Beim Signal dürfte es sich um jenes nach Birsbrücke, also G handeln. Auf Höhe der Lokomotive lässt sich auch ein Rangiersignal in Verbotsstellung erkennen. Im Stumpengleis links der Lok ist eine Untersuchungsgrube zu erkennen, die auch auf dem Plan eingezeichnet ist (Gleis B8).

 

 

Stellwerk II von innen. Obwohl nur relativ wenige Weichen von hier bedient werden, weist das Stellwerk viele Hebel auf. Nebst den 17 Signalhebel kommen auch die Hebel der zahlreichen Rangiersignale hinzu. Oberhalb der Fahrstrassenhebel sind die Gleisnummern angeschrieben.

Foto Archiv SBB-Historic

 

Signale

 

Bei Signal M (im GB) handelt es sich um eine Wendescheibe, alle andern Hauptsignale sind einflüglige Semaphore

 

Die Tabelle der Rangiersignale in der Instruktion weist nicht weniger als 33 von Stellwerk II bediente Rangiersignale auf. Signale R40 und R41 werden örtlich bzw. von Posten 26 aus bedient

 

Die Rangiersignale östlich und westlich der Halle sind miteinander gekuppelt, z.B. 1 und 1a. Je nach Bedienung gehen beide oder nur jenes auf der Ostseite in Verbotsstellung.

Weitere Signale werden vom gleichen Hebel betätigt, z.B. 27, 27a und 27b. Diese Signale zeigen also untereinander immer die gleiche Stellung.

 

Zur Orientierung des Fahrpersonals und der Abfertigungsbeamten sind Lichtsignalrückmelder an der Signalbrücke angebracht. Wenn z.B. Signal G auf Fahrt steht, leuchtet bei den Rückmeldern der Buchstabe G auf. Da Fahrten nach BAD (E) und nach Birsbrücke (G) aus allen Gleisen möglich sind, kommen diese Buchstaben am meisten vor.

 

Am Ausziehgleis E23 sind 3 Ablaufsignale aufgestellt. Sie zeigen folgende Bilder:

 

Schnelle Fahrt:                  blau/weisser Flügel senkrecht aufwärts bzw. weisses Licht

Langsame Fahrt:               schräg aufwärts bzw. grünes Licht

Halt:                                     waagrecht bzw. rotes Licht

 

Die Signale werden von Posten 22 betätigt und zeigen immer das gleiche Bild. Für Züge sind die Signale ohne Bedeutung. Wenn Signale D oder J auf Fahrt gestellt werden, erlischt das Licht von Signal Z3, damit es keine Verwirrung bei vorbeifahrenden Elsässer- oder Jurazügen gibt

 

Vorsignale T* und U* sind mit einer elektrischen Blinklichteinrichtung versehen(?). Was genau darunter zu verstehen ist und wozu das dient, geht aus der Instruktion nicht hervor.

 

 

Foto von der Umfahrungsstrecke Frankreich / St. Johann - Basel GB. Die Grossdieselokomotive 060DB-19 ist zwar auch interessant, hier ist die Foto aber wegen dem Vorsgnal. Dieses ist nicht nur in eher desolatem Zustand, sondern weicht auch von der in der Schweiz üblichen Bauart ab. Im Plan lässt sich der Standort gut orten, es handelt sich um Signal D*. Im Hintergrund die Brücke der Margarethenstrasse und das Transitpostgebäude. Links ein abgestellter Leichtstahlwagen der SBB.

Die Schweiz hat damals den Einsatz von den SNCF den Einsatz von Diselloks verlangt, um die Rauchbelästigung der mitten durch die Stadt verkehrenden Strecke zu reduzieren. Auch nach der Elektrifikation verkehrten zuerst noch Dieselloks, bis Zweisystemloks  zur Verfügung standen.

Foto vom 18. August 1958 aus "Rail passion" Heft 115 / Mai 2007 Sammlung S. Niklaus

 

Am Schluss noch die ganze DV, die Grundlage für diesen Artikel ist. Bemerkenswert ist das Wort "Provisorisch" im Titel. Offenbar erwartete man, dass bald eine richtige Stellwerkanlage gebaut wird. Bis eine solche dann tatsächlich in Betrieb genommen wurde, dauerte es noch 33 Jahre...

DV 57a Sammlung SBB-Historic / Thomas Ryf

 

 

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  Spiez, 25.04.2024 / S. Niklaus