Le Creux

Zusammen mit dem benachbarten Convers weist diese kleine Station eine sehr interessante Geschichte auf.

Die Züge Biel - La Chaux-de-Fonds verkehrten ursprünglich an Le Creux vorbei bis Convers, machten dort eine Spitzkehre und fuhren danach weiter nach La Chaux-de-Fonds. Nach der Eröffnung des Crosettes-Tunnels konnte La Chaux-de-Fonds direkt erreicht werden und die Strecke Le Creux - Convers wurde überflüssig. Beidseits blieb ein Stück der alten Strecke noch lange Zeit als Stumpengleis bestehen.

 

Plan der verschiedenen Strecken mit Eröffnungsdatum

Skizze S. Niklaus

 

Ausschnitt aus der offiziellen Landeskarte 1:25 000 Blatt 1144 "Val de Ruz" Ausgabe Jahr 1970. Le Creux liegt fernab jeglicher Siedlungen auf 1012 m über Meer. Unmittelbar neben dem Stationsgebäude verläuft die Kantonsgrenze Bern - Neuchâtel.

 

Karte Sammlung S. Niklaus

 

 

 

Stationschronik Le Creux

 
30.04.1874   Inbetriebnahme der Strecke Bienne – Les Convers. Dort wenden die Züge Richtung La Chaux-de-

                        Fonds.
17.12.1888    Eröffnung der Station von Le Creux und der direkten Verbindung nach La Chaux-de-Fonds

                         (Tunnel des Crosettes, 1618 m). Der Abschnitt zwischen Le Creux und Les Convers wird

                         geschlossen aber bleibt aus strategischen Gründen bestehen.
01.07.1895     Der Abschnitt Le Creux - Les Convers wird definitiv aufgehoben und das Gleis wird

                         abgebrochen. In Le Creux und Le Convers bleiben beiden Streckenende als Abstellgleise

                         erhalten. Auch der 152 m langen Tunnel von le Creux wird aufgegeben.
1909                Inbetriebnahme des Stellwerkes Bruchsal G
15.07.1934     Einführung des elektrischen Betriebs zwischen Sonceboz-Sombeval und La Chaux-de-Fonds.
10.05.1955     Inbetriebnahme des 5-feldrigen Schalterwerkes Integra vertikal.
27.11.1956     Inbetriebnahme des  Streckenblockes Bauart Hasler zwischen Renan BE und Le Locle. Die

                         Station Le Creux kann durchgeschaltet werden.
09.12.1958     Gleis 1 wird isoliert und die vereinfachte Fahrstrassenreihenfolge aufgehoben.
22.11.1965     Der Stationsvorstand stirbt an einem Herzinfarkt.
11.12.1965     An diesem Tag zieht die Familie des Verstorbenen Stationsvorstand um. Dazu wird ein

                         gedeckter Güterwagen von St-Imier nach Le Creux gebracht.  Um etwa 13 Uhr entläuft dieser

                         und rollt Richtung St-Imier ab. Kein Bahnübergang kann rechtzeitig geschlossen werden und

                         etwa 500 m vor dem Bahnhof St-Imier kollidiert der Güterwagen mit einem Auto. Die Insassen,

                         ein junges Ehepaar, ist auf der Stelle tot. Die Geschwindigkeit des Güterwagens betrug etwa

                         120 km/h. Als Massnahme müssen danach die Rangierfahrten in Le Creux immer von zwei

                         Personen begleitet werden und eine davon musss immer auf den Fahrzeugen bleiben.
31.03.1966    Aufhebung der örtlichen Besetzung. Die Signale zeigen im Normalzustand immer Fahrt und der

                        Streckenblock wird durchgeschaltet (nur ein Abschnitt Renan BE – La Chaux-de-Fonds). Falls

                        notwendig, kann der Block vom Stellwerkdienst wieder in Betrieb genommen werden.
28.05.1967    Le Creux wird nun eine Haltestelle mit Halt auf verlangen. Die entsprechende Signale werden

                        aufgestellt. Die Ausfahrsignale werden dunkelgeschaltet und zugedeckt
1980               Da seit 1966 der Block nie gebraucht wurde, wird dieser definitiv ausgebaut. Auch die

                        Ausfahrsignale, Ausfahrtsignale und das Hilfsignal werden abgebrochen.
28.05.1995    Aufhebung des Haltepunktes, als Konsequenz der Einführung des kondukteurlosen Betriebes

                        (KLB). Die Anlagen für das Halt auf Verlagen werden ausser Betrieb gesetzt.
28.09.2000    Aufhebung des Stellwerkes, der Deckungssignale, der Weiche und des Abstellgleises

Angaben von O. Wileczelek 09.01.2022

 

Plan vom 12. Juli 1934

 

Sehr speziell ist in Le Creux, dass die Station nur Ausfahrsignale hat. Normalerweise werden Signale vor Weichen aufgestellt, um diese zu decken. Hier stehen die Signale A und B nach Weiche 1.

 

Das Stellwerk umfasst zwei Winden für die Signale A und B sowie 3 Schlösser:

  • Weiche 1 ist eine Handweiche mit einem Schloss. Der Schlüssel befindet im Schloss 1G. Der Schlüssel kann nur entnommen werden, wenn vorher die Signakurbeln mit der Verschlussstange T (="tringle") verschlossen werden
  • Die Schlösser LD und 2 dienen zur Durchschaltung der Station. Mit Schlüssel 2 kann die Winde "treuil d`isolement" aufgeschlossen werden. Bei Betätigung dieser Winde wird Signal A auf Fahrt gestellt und das Schliesspedal überbrückt
  • Seite Renan wird die Weiche zusätzlich durch den Drahtzug zum Vorsignal B* verriegelt. Wenn die Weiche Richtung Stumpengleis steht und es nähert sich ein Zug aus Renan, kann dieser zwar nicht vor der Weiche gestoppt werden. Wegen dem auf Warnung stehenden Vorsignal fährt er aber nur langsam ein. Aus Richtung La Chaux-de-Fonds ist die Weiche bei einem einfahrenden Zug ebefalls nicht verriegelt. Da sie aus dieser Richtung stumpf befahren wird, besteht keine Gefahr
  • Ausfahrsignal B befindet sich im Crosettes-Tunnel und ist ein Lichtsignal (Tunnelsignal)

Bleibt die Erkenntnis, dass es auch auf Kleinstbahnhöfen stellwerktechnisch einiges zu entdecken gibt.

 

Noch ein Wort zur Geographie: Etwa bei Weiche 1 verläuft die Kantonsgrenze Bern - Neuenburg.

 

Plan O. Wileczelek

 

Im SBB-Nachrichtenblatt 12/1939 findet sich ein Bild, auf dem Signal A von hinten zu erkennen ist. Vorne links ist der Drahtzug zu sehen, der zum Vorsignal B* führt. Im Hintergrund das Portal des Crosettes-Tunnel.

 

Sammlung S. Niklaus

 

Plan des Stellwerk Schalter Integra von 1955. Es ist bemerkenswert, dass Le Creux mit einem kompletten Stellwerk inklusive vollständiger Signalausstattung ausgerüstet wurde.  Das umso mehr, als die örtliche Besetzung nach 10 Jahren schon wieder aufgehoben wurde.

 

Plan Sammlung O. Wileczelek

 

In der Stationschronik wird der Todesfall des Stationsvorstands erwähnt. Hier die entsprechende Meldung in den Personalnachrichten des SBB-Nachrichtenblatt 2/66.

Für die Angehörigen eines Stationsvorstands war das zu jener Zeit doppelt bitter. Nicht nur fehlte jetzt der Mann bzw. Vater, sondern die Familie musste sich auch eine neue Wohnung suchen. Die Dienstwohnung musste für den neuen Vorstand geräumt werden.

 

Sammlung S. Niklaus

 

 

Zeitungsausschnitt über den in Le Creux entlaufenen Wagen und die tragischen Folgen. Alle Beteiligten inklusive die Opfer werden entgegen den heute üblichen Gepflogenheiten mit vollem Namen genannt.

 

Zeitungsausschnitt Sammlung O. Wileczelek

 

 

Über die alte Trasse Convers - Le Creux führt ein Wanderweg, den wir im Sommer 2021 begangen haben. Der Weg ist nicht lang, nur etwa 2 km, allerdings gibt es auf beiden Seiten weit und breit keinen öV. Deshalb sind wir in La Chaux-de-Fonds losmarschiert und in Renan BE wieder in den Zug gestiegen:

Ehemalige Trasse der Strecke Convers - Le Creux

 

Eingestürzter Tunnel Creux (152m) Seite Convers und...

 

...Le Creux. Das Trasse verläuft hier in einem tiefen Einschnitt.

 

Obwohl hier schon lange keine Züge mehr halten, ist die Station noch angeschrieben. Unmittelbar neben dem Stationsgebäude beginnt der Crosettes- Tunnel (1 618m). Der Tunnel ist gerade, so dass das Licht am Ausgang knapp erkennbar ist.

Als Zugang zum Gebäude dient eine ungeteerte Fahrstrasse, die von der Verbindung Renan - Les Convers abzweigt.

 

Auch die ehemalige Stellwerkkabine ist noch vorhanden, allerdings wie der Rest des Gebäudes in suboptimalem Zustand.

 

Fotos S. Niklaus 29. Juli 2021

 

So sah es in Le Creux aus, als noch Züge anhielten. Auch das Stumpengleis inklusive Sperrschuh ist noch vorhanden. Im Hintergrund ist ein Fussweg zu erkennen, der als Zugang zur Station dient.

 

Foto O. Wileczelek, 25.02.1990

 

Der Tunnel war schon damals nicht mehr in bestem Zustand. So sehen Kunstbauten aus, wenn sie jahrzehntelang nicht mehr unterhalten werden.

 

Foto O. Wileczelek, 25.02.1990

 

Titelbild des SBB-Nachrichtenblatt 3/1981. Das Bild zeigt nicht nur eindrücklich, wie es hier in einem strengen Winter aussehen kann, sondern beweist auch, dass der SBB-Fotograf kein Stubenhocker ist.

Rechts neben dem Tunnelportal ist ein Andreaskreuz zu sehen. Dieses gehört zum Fussweg, der auf der vorangehenden Foto von O. Wileczelek zu sehen ist. Der Weg selber ist unter den Schneemassen verschwunden und auch das Perron ist nur auf einem schmalen Streifen geräumt.

Etwa 6 km weiter talwärts ist diese Aufnahme aus dem Vallon de St-Imier entstanden, die auf der Rückseite des SBB-Nachrichtenblatt 9/1977 eröffentlicht wurde.

 

SBB-NB Sammlung S. Niklaus